Das Bild des vom Panzer springenden Fidel Castro ging um die Welt - die geplante amerikanische Invasion in der kubanischen Schweinebucht ist und bleibt eines der wohl schwärzesten Kapitel der US-amerikanischen Geschichte. 50 Jahre nach der Niederlage hat der inzwischen 84-jährige Fidel Castro dieser Tage nun auch seinen letzten politischen Posten abgegeben - die Führung der Kommunistischen Partei Kubas PCC. Zweifelhaft bleibt es allerdings, ob sein Bruder Raúl, der bereits seit 2008 die Regierungsgeschäfte führt, auch tatsächlich Kuba öffnen wird. Gilt doch der Inselstaat neben China und Nordkorea als eine der letzten kommunistischen Hochburgen auf diesem Globus. Raúl Castro hielt zumindest am kommunistischen Usus fest, den Altgedienten der Partei das Vertrauen auszusprechen. Frisches Blut muss mit der Lupe gesucht werden. Raúl ist 79 Jahre alt, ansonsten liegt der Schnitt des Politbüros bei 70 bis 80 Jahren. Es ist und bleibt somit die alte Garde, die Kuba gemächlich dem Kapitalismus zuführen soll. Deshalb sind auch nicht viele Veränderungen zu erwarten, zeigt sich die Facebook-Generation enttäuscht. Darüber liess Raúl Castro auch keinerlei Diskussion aufkommen, sprach er doch in seiner Antrittsrede über seinen festen Willen, den Sozialismus "zu verteidigen, zu bewahren und niemals die Rückkehr des kapitalistischen Regimes zuzulassen"! Wen wundert's, predigen diese Worte Fidel, Raúl und der bisherige 2. Parteisekretär José Machado Ventura seit den Tagen der Revolution 1959, als die drei den durch die USA geduldeten Diktator Fulgencio Batista stürzten. Doch muss sich sehr rasch sehr vieles ändern, da ansonsten die Castro'sche Planwirtschaft in den Golf von Mexiko gespült wird. Ergo kam diesem viertägigen Parteitag eine enorm wichtige Bedeutung zu, da hier die grösste Wirtschaftsreform seit Jahrzehnten beschlossen wurde. Um die Zahlungsunfähigkeit der Regierung zu vermeiden, sollen bis zum Jahr 2015 1,8 Millionen Arbeitsplätze in der öffentlichen Verwaltung abgebaut und Subventionen komplett gestrichen oder stark gekürzt werden. Die Staatsausgaben sollen grundlegend gesenkt und den staatlichen Konzernen mehr Unabhängigkeit eingestanden werden. Daneben wird es mehr Kubanern in 178 Bereichen (darunter auch Teile der Gastronomie und Hotellerie sowie der Landwirtschaft) gestattet sein, sich selbständig zu machen. Bereits in den 1990er Jahren hatte der "Maximo Lider" die ersten 150 Bereiche für Private legalisiert. Doch waren die Auflagen dermassen hoch, dass sich nur ganz wenige darauf eingelassen haben. So durften etwa privat geführte Restaurants nicht mehr als 12 Sitzplätze haben (jetzt sind es 20!), ausschliesslich Familienmitglieder durften dort arbeiten und die Abgaben waren unabhängig der Einnahmen stets zu bezahlen. Alles in allem sind es 300 Einzelreformen, die jetzt von der Regierung Raúl Castros angegangen werden. Auch das Markenzeichen des Sozialismus, die flächendeckende Zuteilung von Lebensmittelrationen soll Schritt für Schritt abgebaut werden. Sie wurde 1963 eingeführt - ist aber gegenwärtig durch den Staat nicht mehr finanzierbar. Trotzdem wird Kuba weiterhin bei der Planwirtschaft bleiben, da die wichtigsten Produktionsmittel auch künftig in der Staatsgewalt bleiben werden. Vor allem die Bauern sind von diesen Reformen angetan, wird doch die Landwirtschaft dezentralisert und teilweise privatisiert, sodass nach marktwirtschaftlichen Überlegungen mehr produziert werden kann. Der grosse weise Mann, Fidel Castro, nahm diesen Parteitag wortlos zur Kenntnis. In seiner geliebten Trainingsjacke musste ihm auf seinen Sitzplatz in der ersten Reihe geholfen werden. Er selbst meinte einst, dass ein Mann nicht über sein Alter hinaus leben sollte, als er anfängt, sich zu verschlechtern; wenn die Flamme, die den hellsten Moment seines Lebens erleuchtete, schwächer wird. Der Comandante übergab nach 49jähriger Regierungszeit offiziell 2008 die Insel in die Hände seines Bruders. Seine schwere Erkrankung im Sommer 2006 gab Anlass für die schlimmsten Gerüchte. Während der Militärparade zum 6. Parteitag - dem Liebkind und der Machtdemonstration Fidel Castros fehlte er auf der Tribüne. Er meinte dann: "Glaubt mir, ich habe Schmerz verspürt, als ich gesehen habe, dass einige von euch mich auf der Tribüne gesucht haben!" Auch dies soll nun anders werden. Die Ausübung politischer Ämter soll künftighin auf 10 Jahre beschränkt sein. Grund dafür ist die Verjüngung des Politbüros und der Regierung. Die Opposition kritisiert, dass Raúl Castro hierdurch selbst Arbeitsplatzsicherung betrieben habe. Er wird wohl bis sicherlich 2018 im Amt bleiben können, sofern der Schöpfer nichts dagegen hat. Ansonsten gesellen sich zur kubanischen Altherrenriege im Politbüro, das von 19 auf 15 Mitglieder verkleinert wurde, nur der 45-jährige Lázaro Expósito und der 46-jährige Lázaro López. Ulrich Stock |
TAM-Wochenblatt Ausgabe 15 KW 17 | 27.04.2011 |
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